Gewalt

Alkohol begünstigt Gewalt

Warum ein Mensch gewalttätig wird und ein anderer nicht, ist nicht einfach zu erklären. Gewalt hat immer mehrere Ursachen. Sicher ist: Alkohol erhöht das Risiko, Gewalttäter oder Gewaltopfer zu werden.

Bei gut einem Drittel der Gewalttaten, die der Polizei bekannt werden, ist Alkohol im Spiel. Gewalt umfasst körperliche, sexualisierte und psychische Gewalt. Sie reicht von Beschimpfungen und Demütigungen, sexuellen Übergriffen bis zur Körperverletzung mit Todesfolge. Und sie passiert oft in Partnerbeziehungen und Familien. 

Alkohol greift Hirnzellen an und führt dazu, dass bestimmte Botenstoffe vermehrt ausgeschüttet werden. Einer dieser Botenstoffe hemmt das Stirnhirn. Es ist daran beteiligt, Handlungen zu planen, Situationen zu beurteilen, Probleme zu lösen, Gefühle zu verarbeiten und Impulse zu kontrollieren. Alkohol schränkt diese Kontrolle ein.

Gleichzeitig gewinnt das limbische System an Einfluss. Das ist der Ort, an dem Gefühle wie Lust, Angst oder Wut entstehen. So kann es zum Beispiel passieren, dass Gesten und Signale falsch interpretiert werden, sich jemand bedroht oder provoziert fühlt. Gleichzeitig kann der Alkohol enthemmen, ein Machtgefühl verstärken und Gefühle ausbrechen lassen. 

Etwa ein Viertel der Frauen in Deutschland hat seit ihrem 16. Lebensjahr körperliche und/oder sexuelle Gewalt durch aktuelle oder frühere Lebenspartner erlebt. Das ergab im Jahr 2004 eine Studie des Bundesfamilienministeriums.

Oft sind die Täter alkoholisiert: 51% der Männer, die gegenüber ihrer Partnerin körperlich und/oder sexuell gewalttätig sind oder waren, trinken zu viel Alkohol. In Fällen von sexueller und sehr schwerer körperlicher Gewalt sind sogar zwei Drittel der Männer stark alkoholisiert.

Laut Studie übten Männer, deren Alkoholkonsum erhöht war, etwa doppelt so häufig körperliche und/oder sexuelle Gewalt gegenüber ihrer Partnerin aus wie Männer ohne erhöhten Alkoholkonsum. 

Menschen, die immer wieder gedemütigt und misshandelt werden, sind in Gefahr, selbst alkoholabhängig zu werden. Sie nutzen den Alkohol wie ein Medikament:  Er beruhigt, unterdrückt die Angst und steigert die Leidensfähigkeit.

In Deutschland wachsen etwa 2,65 Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren in suchtbelasteten Familien auf. Das sind etwa 18% aller Kinder und Jugendlichen.

Jedes Dritte dieser Kinder erlebt regelmäßig Gewalt – direkt oder indirekt. Sie sind Zeugen, wenn ihre Mütter oder Geschwister bedroht und verletzt werden oder sie sind selbst Opfer emotionaler, körperlicher und sexueller Gewalt.

Diese Kinder sind gefährdet, im späteren Leben selbst zu Tätern zu werden. Das Risiko, später selbst alkoholabhängig zu werden, liegt bei Kindern aus suchtbelasteten Familien bis zu sechsmal höher als in Familien ohne Alkoholmissbrauch. 

Zwei Fünftel aller Schülerinnen und Schüler sind mindestens einmal in ihrem Leben Opfer einer Gewalttat geworden, ein Fünftel war mindestens einmal Täter. Das belegen Zahlen aus Schülerbefragungen. Häufig ist dabei Alkohol im Spiel.

So haben zahlreiche Studien nachgewiesen, dass mehr Gewalt von Jugendlichen ausgeübt wird, die häufig und viel Alkohol konsumieren als von risikoarm konsumierenden. Riskanter Alkoholkonsum ist laut einer Befragung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung unter 12- bis 17-Jährigen weit verbreitet: 14,1% der  Jugendlichen praktizierten in den 30 Tagen vor der Befragung so genanntes Rauschtrinken, unter den 18- bis 25jährigen waren es sogar 38,2 %. Diese jungen Leute  sind auch wesentlich stärker gefährdet, Opfer von Gewalttaten zu werden.

Ruhestörung, Vandalismus, Schlägereien – solche Verstöße geschehen oft unter Alkoholeinfluss. Häufig sind Jugendliche beteiligt. So befragten Wissenschaftler in der Freiburger Innenstadt 308 Personen im Alter von 15 bis 65, wie viel sie trinken, wenn sie ausgehen. Das Ergebnis: Den meisten Alkohol konsumieren junge Männer im Alter zwischen 15 und 20 Jahren. Knapp ein Drittel der Männer war innerhalb eines Jahres in mindestens eine Schlägerei verwickelt. 90 % von ihnen hatten zuvor Alkohol konsumiert und zwar übermäßig: Sie tranken 210g Alkohol pro Abend. Das entspricht etwa einem halben Liter Branntwein.

Großanlässe, vor allem Sportveranstaltungen, Karneval und Wein-/ Bierfest sind Anlässe, bei denen es gehäuft zu Gewalt im Zusammenhang mit Alkohol kommt. Das ergab eine Online-Befragung von Polizeiangestellten im Kanton Bern. Die meisten gaben an, dass bei Sportanlassen mindestens die Hälfte der an Gewalt beteiligten Personen bereits vor dem Ereignis alkoholisiert war.

Die Arbeitshilfe "Sucht und Gewalt" bietet Grundlagenwissen, Hintergrundinformationen und praktische Tipps rund um das Thema Sucht und Gewalt. Sie richtet sich an Fachkräfte und Freiwillige in der Suchthilfe. Zum Download

Gewaltbetroffene Frauen und Mädchen finden hier Hilfeangebote vor Ort: https://www.frauen-gegen-gewalt.de/hilfe-vor-ort.html.

Auch das „Hilfetelefon bei Gewalt gegen Frauen“ bietet rund um die Uhr unter 08000 116 016 Unterstützung an.

NACOA Deutschland – die Interessenvertretung für Kinder aus Suchtfamilien bietet Kindern Hilfe an: Tel. 030 / 35 12 24 30, www.nacoa.de.