Die Selbsthilfe im Suchtbereich unterstützt Suchtkranke und Angehörige vor, während und nach der sozialtherapeutischen Beratung bzw. medizinischen Behandlung – oder auch ganz unabhängig davon. Nicht alle Abhängigkeitskranken benötigen eine medizinische Rehabilitation („Sucht-Reha“). Vielen verhilft bereits der regelmäßige Besuch einer Sucht-Selbsthilfegruppe in ein suchtfreies Leben. Auch nach einer ambulanten oder stationären Therapie ist der Besuch einer Sucht-Selbsthilfegruppe sinnvoll, um dauerhaft suchtfrei zu leben und um Rückfällen vorzubeugen. Selbsthilfegruppen unterstützen dabei, (wieder) neue Perspektiven zu gewinnen.
Eine Sucht-Selbsthilfegruppe setzt sich aus ganz verschiedenen Menschen zusammen, die doch durch eines verbunden sind: Sie sind von Sucht betroffen. Als Abhängigkeitskranke. Oder als Angehörige von Menschen mit einem Suchtproblem. Die Stoffe und Verhaltensweisen, von denen Menschen abhängig sein können, sind vielfältig: Alkohol, Medikamente, illegale Drogen, Glücksspiel, Essprobleme, Medienabhängigkeit, u.v.m. Sucht-Selbsthilfegruppen sind offen für alle Menschen, unabhängig von ethnischer Herkunft, Religion, Alter, Geschlecht oder sexueller Identität. All diese Menschen mit ihren individuellen Geschichten prägen das Gesicht, den Charakter und die Atmosphäre der Gruppe. Jede Sucht-Selbsthilfegruppe hat ihr eigenes Profil. Und doch verfolgen sie alle ein gemeinsames Ziel: suchtfrei zu leben.
Sucht-Selbsthilfegruppen haben viele Qualitäten: Sie sind …
Sucht-Selbsthilfe ist Selbsthilfe von Betroffenen für Betroffene. Jede und jeder Einzelne bringt wertvolles persönliches Erfahrungswissen in den Gruppenprozess ein. So entsteht ein Geben und Nehmen. Sucht-Selbsthilfegruppen werden nicht therapeutisch angeleitet. Etwa 70 % bis 80 % der suchtkranken Gruppenmitglieder schaffen es, mithilfe eines dauerhaften Gruppenanschlusses abstinent zu bleiben. Und: Sie gewinnen deutlich an Lebensqualität.
Die Vertrauenskultur ist in Sucht-Selbsthilfegruppen ein hohes Gut. Vertrauen entsteht sehr schnell aufgrund der verbindenden Suchtproblematik und der oftmals ähnlichen Erfahrungen. Viele Mitglieder von Sucht-Selbsthilfegruppen sprechen offen über ihre Anliegen. Dabei ist immer gewährleistet: Was geäußert wird, insbesondere personenbezogene Informationen, ist vertraulich und darf nicht nach außen dringen.
Die Sucht-Selbsthilfegruppe ist ein suchtmittelfreier Schutzraum. Jede und jeder wird in ihrer/seiner Einzigartigkeit ernst genommen. Hier dürfen und können ganz persönliche Themen geäußert werden. Der gegenseitige Respekt schafft Vertrauen zu sich selbst und unterstützt dabei, Vertrauen zu anderen aufzubauen.
Reden hilft und gemeinsame Aktivität hilft. Gespräche mit anderen Betroffenen machen schnell klar: Ich bin nicht die oder der Einzige mit einem Suchtproblem. Das schafft Entlastung, bewirkt eine starke Verbundenheit, macht Mut und hilft, den Alltag suchtmittelfrei zu gestalten. Der selbstbestimmte und regelmäßige Austausch in der Gruppe unterstützt dabei, die Abhängigkeit zu überwinden. Durch die regelmäßige Teilnahme an den Gruppentreffen ergeben sich neue soziale Kontakte. Das stabilisiert. Gemeinsame Freizeitaktivitäten verbessern das neue alkoholfreie Leben.
Um Sucht ranken sich manche gesellschaftliche Klischees. Es gibt aber nicht den einen Typ Mensch, der oder die suchtkrank wird oder ist. Missbräuchlicher oder abhängiger Suchtmittelkonsum oder Verhaltensabhängigkeit ist unabhängig von Alter, Geschlecht, ethnischer Herkunft, Religion, Lebenssituation und sozialem sowie wirtschaftlichem Stand. Egal, ob direkt betroffen oder als Angehörige oder Angehöriger mitbetroffen: das Ziel, frei von Suchtmitteln zu leben, eint alle. Deshalb können Sucht-Selbsthilfegruppen in ihrer individuellen Unterschiedlichkeit am gleichen Thema arbeiten.
Das Leben nicht benebelt, ungetrübt (wieder) zu entdecken, empfinden viele Betroffene als großartig. Nüchtern betrachtet, kann das alltägliche Leben aber auch ganz schön herausfordernd sein. Etwa, wenn es darum geht, beim Einkauf an den Regalen mit Alkohol vorbeizukommen, ohne nach einer Flasche zu greifen; den Familien- und Berufsalltag zu bewältigen oder die Einladung zu einer Feier zu überdenken. Die Sucht-Selbsthilfegruppe unterstützt dabei, das Alltagsleben ohne Suchtmittel zu gestalten.
Teilnehmende einer Sucht-Selbsthilfegruppe wollen auf sich achten, sich selbst ernst nehmen und ebenso aufeinander achtgeben. Den äußeren Schein zu wahren oder es allen recht machen zu wollen, sind beispielsweise Verhaltensweisen, die zu vermehrtem oder übermäßigem Suchtmittelkonsum führen können. Sucht-Selbsthilfe ist alles andere als oberflächlich. Es geht vielmehr um einen einfühlsamen Umgang mit sich selbst, mit dem eigenem Leben und anderen (nahestehenden) Menschen.