Missbrauch und Abhängigkeit

Die Schwelle zum Missbrauch ist schnell überschritten

Rund 1,6 Millionen Erwachsene zwischen 18 und 64 Jahren waren im Jahr 2018 in Deutschland alkoholabhängig; weitere 1,4 Millionen tranken regelmäßig so viel Alkohol, dass man von Missbrauch spricht. Damit ist jeder Alkoholkonsum gemeint, der zu körperlichen, seelischen und sozialen Schäden führt.

Missbrauch und Abhängigkeit beginnen fast immer unspektakulär: mit Gewöhnung. Oft wird das Glas Alkohol am Feierabend scheinbar unverzichtbar. Je öfter Alkohol scheinbar für Wohlbefinden sorgt, desto weniger gelingt es, schwierige Situationen ohne Alkohol zu bewältigen.

Ein kritischer Punkt ist erreicht, wenn der Alkoholkonsum langsam entgleitet: Es tritt wiederholt ein starker Drang nach Alkohol auf. Man trinkt mehr oder länger als eigentlich beabsichtigt. Man vernachlässigt  alltägliche Verpflichtungen zugunsten des Alkohols. Der Konsum führt zu zwischenmenschlichen Problemen.

Es ist ein Warnzeichen, wenn man die Wirkung des Alkohols erst bei größeren Mengen spürt. Der Körper hat sich dann an eine regelmäßige Dosis gewöhnt. Umgekehrt treten erste Entzugserscheinungen auf, wenn man den Alkoholkonsum vermindert oder keinen Alkohol trinkt: Händezittern, Schwitzen, Ruhelosigkeit. Die Schwelle zur Alkoholabhängigkeit ist erreicht, wenn jemand zunehmend die Kontrolle über den eigenen Alkoholkonsum verliert. 

Sie ist seit 1968 als Krankheit anerkannt. Die gesetzlichen Krankenkassen zahlen die Behandlung, die Rentenversicherung die Rehabilitation. Privatversicherte sollten sich bei Ihrer Krankenkassen erkundigen, ob ihre Versicherung die Behandlungskosten übernimmt.  

Zum Erfolg einer Behandlung tragen die Betroffenen selbst bei. Der erste Schritt ist der wichtigste. Er lohnt sich. Deutschland hat ein sehr gut ausgebautes, differenziertes und erfolgreiches Hilfesystem mit verschiedenen Anlaufstellen. Es ist auf die Bedürfnisse des Einzelnen abgestimmt. 

Es gibt Abhängige, die aus eigenem Antrieb Hilfe suchen und den Weg aus der Sucht schaffen. Viele Abhängige aber versuchen, die Sucht zu verheimlichen oder zu verharmlosen. Sie reagieren erst, wenn Angehörige, Arbeitgeber oder das Umfeld das Problem offen ansprechen und Konsequenzen verlangen.

Erste Anlaufstelle kann der Hausarzt sein. Er stellt fest, ob bereits körperliche Schäden entstanden sind und verweist, wenn nötig, an andere Stellen. Betroffene sollten sich die Fragen an den Arzt vorher überlegen und so offen wie möglich mit ihrem Problem umgehen.

Beratung gibt es fast überall

Erste Hilfe und Unterstützung bieten in den meisten Städten und Kreisen Beratungsstellen. Auch für Frauen gibt es spezielle Beratungs- und Behandlungseinrichtungen.

Unter www.suchthilfeverzeichnis.de finden Sie Einrichtungen in Ihrer Nähe.

Die Behandlung beginnt mit einem Entzug, eine Entwöhnungstherapie schließt an. Beides ist sowohl ambulant als auch stationär möglich. Während einer ambulanten Therapie können die Betroffenen zu Hause wohnen und weiterhin zur Arbeit gehen, sie besuchen aber ein- bis zweimal pro Woche eine Einzel- oder Gruppentherapie. Die Behandlung dauert mindestens 6 Monate, häufig länger als ein Jahr.

Eine stationäre Therapie in einer Fachklinik ist erforderlich, wenn es der oder dem Betroffenen nicht gelingt, ohne Alkohol zu leben. Der Aufenthalt in der Klinik dauert 6 bis 16 Wochen. Eine anschließende psycho- und sozialtherapeutische Behandlung hilft, die Alkoholfreiheit abzusichern.

Nach der Therapie empfiehlt es sich, eine Selbsthilfegruppe zu besuchen. Sie verringert die Rückfallgefahr deutlich.

Adressen von Selbsthilfegruppen finden Sie in der Rubrik „Rat und Hilfe“